Der Goldpreis überstieg im August 2019 erstmals seit langer Zeit wieder die Marke von 1.500 $/oz (Dollar pro Feinunze) und pendelte dann nach einem Gipfel über 1.550 $ bis Anfang November um die 1.500-$-Marke. Der Preis war zuletzt im April 2013 so hoch gewesen.
Kurz zur Erinnerung: Der Goldpreis hatte Ende 2011 nach einer wahren Jahrtausendrallye die Marke von 1.900 $/oz überwunden. Gold war zu diesem Zeitpunkt – gemessen an anderen gut berechenbaren Werten wie Grund und Boden oder Immobilien – so teuer wie seit den 1490er Jahren nicht mehr.
Dann hatte Christoph Kolumbus Amerika entdeckt, die Spanier eroberten die Gebiete der Azteken und Inkas und brachten deren Gold nach Europa, was einen dauerhaften Goldpreisverfall zur Folge hatte.
In den folgenden Jahrhunderten dümpelte der Preis immer in einer Preisspanne von rund 300 bis 700 $/oz (immer auf heutiges Geld bezogen). Einen kurzfristigen Preispeak hatte es in den 1970er Jahren nach der Aufgabe der Goldpreisbindung vieler Währungen wie des US-Dollars gegeben.
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Die sagenhafte Rallye zu Beginn des 21. Jahrhunderts zwischen 2001 und 2011 war durch Verwerfungen am Finanzmarkt ausgelöst worden: Zuerst war ab 2001 die Dotcom-Blase geplatzt, dann folgte die verheerende Finanzkrise 2007/2008. Doch Ende 2011 war die Rallye ausgereizt – vorerst.
- Info: Die Goldpreis Entwicklung 2020 bzw. Prognose ist grundsätzlich positiv. Wie der Goldpreis bzw. die Goldpreisentwicklung 2020 tatsächlich aussieht ist von vielen Faktoren abhängig und bleibt abzuwarten.
In den letzten Jahren seit 2016 machten die Kryptowährungen dem Gold seine Funktion als Anlagevehikel mit gelegentlicher Superperformance streitig. Doch 2019 ab Mitte August begann eine neue Rallye bei etwas über 1.170 $/oz. Nicht nur private Anleger, sondern auch professionelle Investoren interessieren sich seither wieder sehr stark für das Edelmetall.
Die vier anerkannten Finanzexperten Paul Tudor Jones, Mark Mobius, David Roche und Thomas Kaplan werben für Goldanlagen. Mobius erklärte jüngst in einem Interview mit Bloomberg, dass derzeit Anleger Gold in jedem Fall („auf jedem Preisniveau“) kaufen sollten.
Der Experte lieferte auch mehrere Begründungen zu diesem Ratschlag:
- Die Tendenz der wichtigsten Notenbanken zu Niedrigstzinsen bis hin zur Nullzinspolitik drückt sagenhaft die Renditen von Anleihen sicherer Staaten und Unternehmen (bis hin zu Negativzinsen).
- Die Aktienmärkte sind durch die globale Handelspolitik verunsichert.
- Die Kryptowährungen scheinen ihre Versprechen der letzten Jahre nicht halten zu können.
- Gold wird daher wieder zum sicheren Hafen.
Mobius rät zu zehn Prozent physischem Gold im Portfolio. Dem schließt sich der Edelmetallhändler Peter Schiff an. Dieser verweist auch darauf, dass aktuell höchstens ein Prozent des investierbaren Kapitals in Goldanlagen stecke.
Sie überführen die Idee des Besitzes von physischem Gold wieder in den Mainstream. Sollten wirklich die meisten Investoren eine zehnprozentige Goldallokation anstreben, dürfte das den Preis gewaltig treiben.
Solche Ratschläge hatte es um die Jahre 2007 bis 2009 auch gegeben. Gold hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine beeindruckende Rallye hinter sich (so wie aktuell, im Spätherbst 2019), dann stieg es nochmals von seinerzeit rund 1.000 $/oz auf über 1.900 $/oz. Bemerkenswert ist an der heutigen Situation, dass die Schwergewichte der Branche pro Gold eingestellt sind. Diese Experten vertreten oft selbst große Fonds.
Das bedeutet: Sie reden nicht nur, sie handeln auch, indem sie Gold kaufen. Erst im Oktober 2019 hatte der US-Vermögensverwalter WisdomTree eine aktualisierte Einschätzung zum Goldmarkt abgeliefert.
Der dortige Edelmetallexperte und Director of Research Nitesh Shah verwies darauf, dass sich das Umfeld am Finanzmarkt gravierend verändert habe. Die Goldpreisprognosen müssten daher überarbeitet werden.
Shah nannte drei wesentliche Einflüsse für diese Änderungen:
- Konjunktur
- Zinsentwicklung
- Währungskurse
Es verwundere daher nicht, so Shah, dass der Goldpreis zwischen Mai und September 2019 um fast 17 Prozent zulegen konnte. Parallel dazu waren die Renditen bei US-Staatsanleihen stark gesunken. Die Anleger suchen seither nach sicheren Investitionsmöglichkeiten.
Auswirkungen des Handelskrieges zwischen den USA und China
Schon im August 2019 hatte die WisdomTree Analystin Aneeka Gupta nachgewiesen, dass die Spannungen zwischen der US-Administration und China eine erhebliche Nervosität auf den Märkten erzeugt. Daraus resultiere die Nachfrage nach Gold als sicherer Anlage, so Gupta.
Die Expertin sagte schon vor nunmehr fast einem halben Jahr voraus, dass der Goldpreis im weiteren Verlauf des Jahres 2019 sein erhöhtes Niveau halten werde. Auch die mehr oder weniger unverhohlenen Beeinflussungsversuche der Fed durch US-Präsident Trump tragen Früchte: Im Oktober hat die Fed ihre Leitzinsen wieder gesenkt. Eigentlich will Jerome Powel als Fed-Chef unabhängig bleiben, doch er konnte sich wohl dem Dauerdruck von Trump nicht ganz entziehen: Es war die dritte Leitzinssenkung 2019.
Sinkende Leitzinsen aber lösen wegen der daraus resultierenden immer schwächeren Verzinsung sicherer Assets (Anleihen, aber auch Tages- und Festgelder) fast automatisch einen Run auf das Gold aus. Die Gemengelage von Handelskrieg und Zinspolitik dürfte dazu führen, dass der Goldpreis jedenfalls demnächst keinesfalls sinkt.
Abgeleitetes Basisszenario für den Goldpreis – Prognose
Die WisdomTree Analysten halten ein Basisszenario für wahrscheinlich, bei dem der Goldpreis kaum verändert ins Jahr 2020 startet und bis zum zweiten Quartal noch leicht steigt – von derzeit ~1.500 $/oz auf dann 1.550 $/oz.
Dabei liegen die folgenden wesentlichen Daten zugrunde:
- 10-jährige US-Staatsanleihen rentieren konstant bei 1,65 %.
- Der US-Dollar-Korb hält sich konstant bei 97 Punkten.
- Die US-Inflation dürfte ihr derzeitiges Niveau von 1,8 % in etwa halten.
- Die CFTC (Commodity Futures Trading-Commission) berichtete zuletzt von stark erhöhten Netto-Long-Positionen bei Goldfutures. Der Überhang lag im Oktober 2019 bei 346.000 Kontrakten und damit dicht am Allzeithoch von Juli 2016. Damals waren es 348.000 Kontrakte gewesen. Der Goldpreis hatte danach sein Niveau hartnäckig verteidigt.
Auch das Sentiment spricht für einen konstant hohen bis leicht steigenden Goldpreis. Dem liegt eine jüngere Entwicklung zugrunde. Im November 2018 hatte die spekulative Positionierung noch bei netto short gelegen. Sollte sie sich auf dem derzeit hohen Long-Niveau halten, könnte das den Goldpreis auf über 1.800 $/oz treiben. Das ist aber nicht das bevorzugte Szenario der Experten, sondern nur eine von mehreren möglichen Varianten. Díese träte eventuell ein, wenn die geopolitischen und finanziellen Risiken weiterhin so hoch wie gegenwärtig blieben.
Das sind:
- dauerhafter Handelskonflikt zwischen den USA und China, wonach es unter Trump jedenfalls aussieht
- weltweit größerer Protektionismus
- weitere Zinssenkungen der Fed
- schwächelnde europäische Konjunktur
- kein durch einen Deal abgesicherter Brexit
- zunehmende Kontroversen zwischen den USA und dem Iran mit Einfluss auf den Ölpreis
- Krise der argentinischen Wirtschaft, möglicher Ausverkauf der Emerging Markets
- Krise der Aktien- und Anleihenmärkte
- Unruhen in Hongkong
Es erschließt sich, dass vor allem die sich verschlechternde geopolitische Lage den Goldpreis treibt. Dabei ist nach Auffassung mancher Analysten auch ein neues Allzeithoch über dem Stand vom November 2011 nicht auszuschließen.
Diese Möglichkeit wird auch durch die Tatsache gestützt, dass die Zentralbanken derzeit wieder sehr verstärkt Gold kaufen. Ihre Nettokäufe lagen im ersten Halbjahr 2019 bei 374,1 Tonnen und damit 57 % über dem Vorjahresniveau.
Es handelt sich gleichzeitig um den höchsten Stand seit 2010, damals wurden die Zentralbanken zu Nettokäufern. Darauf weist der WGC (World Gold Council, Weltgoldrat) hin. Eine sehr mutige Prognose zur Goldpreisentwicklung 2020 wagten jüngst die Analysten der Bank of America: Sie trauen dem Goldpreis ein neues Allzeithoch über 2.000 $/oz zu. Als wichtigste Ursache nennen die Experten die permanent sinkende Inflation aufgrund von Technologie, Globalisierung und Demografie. All das sind andauernde manifeste Entwicklungen, die den Goldpreis noch stark treiben könnten.